Eine lebensverändernde Nachricht, wie eine Brustkrebsdiagnose, zwingt dich zu einer unerwarteten und allumfassenden Auszeit.
Du wirst quasi aus deinem Leben komplett herausgerissen. Nichts ist mehr so, wie es vorher war. Ein geregelter, „normaler“ Alltag existiert nicht mehr.
Der Kampf gegen den Krebs ist omnipräsent. Die Endlichkeit des eigenen Lebens ist omnipräsent und zeitgleich ist da natürlich auch die Hoffnung. Die Hoffnung wieder gesund zu werden und das Leben nochmal neu zu entdecken, neu auszukosten, anders zu erleben.
Sich mit der eigenen Zukunft zu befassen ist das Gesündeste und vermutlich auch Beste, was du machen kannst, wenn du mitten in einer Lebenskrise steckst (völlig unabhängig, ob wegen einer Krankheit oder gänzlich anderen Umständen).
Es geht um das „Wie, will ich leben?“. Die Frage nach dem „Wie“ lenkt die Gedanken auf konstruktive Weise weg von dem ganzen Grübeln, was dich vielleicht blockiert oder ängstigt.
Trust me, ich weiß wie sich das anfühlt 😉✌🏻
New Life 2.0
Mit diesem Format „New Life 2.0″ möchte ich dich mitnehmen auf eine kreative und (hoffentlich auch) inspirierende Reise, um prägende Begriffe sowie ihre zugeschriebene Bedeutung zu hinterfragen und diese gegebenenfalls neu bewerten.
In diesem Beitrag geht es um den Begriff:
Erfolg
Ich wollte unbedingt eine erfolgreiche Unternehmerin sein
Vielleicht erzähle ich dir in aller Kürze einmal, wie mein Leben vor meiner Brustkrebstherapie aussah…
Ich hatte mir eine eigene Stimm-, Gesangs- und Kommunikationsschule aufgebaut. An zwei Standorten sowie online unterrichtete ich mit einem 10-köpfigen Team ca. 200 Schüler, bildete angehende Vocal Coaches aus und launchte nebenbei noch profitabel meinen eigenen Onlinekurs.
Ich wollte unbedingt eine erfolgreiche Unternehmerin sein. Dazu gehörte natürlich passiv Einkommen zu generieren, das Team zu vergrößern und alles was ich anfasste zu skalieren.
Nach außen hin hatte ich es wohl auch geschafft, eine „erfolgreiche Unternehmerin“ zu sein, doch leider machte mich das im Inneren so gar nicht glücklich.
Obwohl ich nach meinem persönlichen Wert „erfolgreich sein“ lebte, wurde ich nicht mit innerer Zufriedenheit, sondern einer Depression beschenkt. 😖
Bereits beim Kampf gegen die Depression wurde mir bewusst, dass in meinem Arbeitsleben irgendwas nicht richtig lief. Zu viel Arbeit, zu viel People Pleasing, zu viele Optionen und ehrlich gesagt auch zu viele dumme Menschen. 😬🔫
Erfolgreich sein bedeutet wertig zu sein, oder?
Tatsächlich glaube ich, für mich persönlich, war das Streben nach Erfolg ein Versuch mein eigenes Dasein zu rechtfertigen, bzw. mein Selbstwertgefühl zu pimpen.
Wenn ich eine erfolgreiche Unternehmerin bin, dann bin ich doch jemand von Wert, oder?
Ich dachte: Höher – schneller – weiter, das ist mein Ding, das bin ich. Vor allem aber glaubte ich, dass Erfolg monetär definiert sei.
Viel Geld bedeutet doch auch viel Erfolg, oder nicht?
Jedenfalls ist das eine recht konservative Sichtweise auf das Wort. Im eigentlichen Sinne bedeutet Erfolg zunächst erst einmal nur ein Ziel zu erreichen.
Wer hat das Ziel als „viel Geld haben“ definiert? Das war in diesem Fall ich. Ich wollte es mir beweisen und vor allem auch den anderen beweisen.
Bin ich erfolgreich, habe ich viel Geld, bin ich etwas wert. Punkt.
Was ich auf diesem Weg verloren habe?
Mich selbst und das ohne es überhaupt zu merken. Ich war so sehr mit dem Streben nach Erfolg identifiziert, dass ich nicht einmal auf die Idee kam, es könnte vielleicht auch eine falsche Annahme sein.
Der Blick zurück
Die erste Frage, die ich mir auf dem Weg zur Neudefinition von Erfolg gestellt habe, war:
Durch was bin ich primär motiviert, etwas zu tun? Ist das wirklich Geld, wie ich dachte? Oder vielleicht doch etwas anderes?
Dazu habe ich mir angeschaut, was mir denn in meinem vorherigen Business gefehlt haben könnte?
Vor allem war es Wertschätzung und Anerkennung für das Unternehmen, was ich geschaffen hatte.
Kleiner Exkurs:
Unter uns, für Vocal Coaches war meine Akademie eine grüne Oase: 30% mehr Honorar als bei anderen Schulen, mehr Flexibilität der Arbeitszeiten, kostenlose Weiterbildung usw..
Der Haken?
Ein Hauch Selbstverantwortung: selbstständige Kalenderpflege zum Stundennachweis und künftiger Terminplanung
Aber das war wohl schon zu viel, um es den Coaches zuzumuten. 🤷🏼♀️
Okay, hier herrscht Ironie, Zynismus und offensichtlich ein noch nicht überwundener Schmerz. Das ist mir bewusst und ich habe mir notiert einen eigenen Artikel über die Akademie und ihren bewusst herbeigeführten Untergang zu schreiben 😬
Genau dieser Schmerz über den Mangel an Wertschätzung für meine Arbeit hat mich am Ende in eine Depression getrieben.
(Es war nicht nur wegen meines Business, das ist mir bewusst, aber zumindest ein Großteil liegt darin verwurzelt. Das kann ich heute, mit etwas Abstand, sicher sagen.)
Nochmal kurz zurück zum Thema Geld
Es gibt viele Menschen, die sich eine Arbeit aussuchen, weil sie einfach und sicher Geld bringt.
(Ich möchte an dieser Stelle ganz klar keine Berufsbranchen bewerten. Jeder Beruf hat seine Berechtigung, jeder Job will gemacht werden und es ist gut, dass sich Menschen dafür begeistern lassen.)
Für mich war nur immer klar, ich möchte langfristig keinen Job machen, der mir keine innere Freude bringt.
Ich empfinde da ein so starkes Bauchgefühl, dass ich mich gar nicht dagegen wehren kann, bzw. es ist genau andersherum. Ich kann mich nicht zwingen entgegengesetzt zu diesem Bauchgefühl zu handeln und etwas zu tun, was ich eigentlich gar nicht will.
(By the way… das ist auch während der Krebstherapie gerade immer wieder mein Problem, dass dieses Bauchgefühl in mir diese Chemo-Coacktails nicht will 😵💫 FREAK!!!)
Fazit:
Mein Bestreben war also immer schon, mit einer aus mir kommenden, intrinsischen Motivation mein Geld zu verdienen.
Das habe ich mit der StimmAkademie umgesetzt. Da kann ich also schon einmal einen Haken dran setzten. ✅
Die patriarchalische Definition von Erfolg
In unserer westlichen Welt wird Erfolg oft als sehr männlich definierter Wert verstanden. Eben dieses „höher, schnell, weiter“-Ding, gepaart mit einem dicken Portemonnaie.
Am Wert Erfolg klebt das Patriarchat förmlich fest. Erfolgreich ist, wer besser ist, als jemand anders. Jetzt wird auch schnell klar, wieso „erfolgreich sein“ ein stark an das eigene Ego geknüpfter Wert ist.
Bist du besser als jemand anders, dann bist du in der Rangordnung auf jeden Fall nicht ganz unten. Und jeder weitere Punkt auf der Erfolgsskala suggeriert natürlich auch Macht und Ansehen.
Erfolg bedeutet also aus patriarchischer Sicht einen machtvollen Unterschied zwischen sich selbst und den anderen zu erzeugen, um sich selbst als besser wahrzunehmen.
Ist das nicht, also der klassische „Penisvergleich“?
Und ja, alle Geschlechter betreiben diese Vergleicheritis, wenn es um die Steigerung des eigenen Selbstwertes geht.
Das ist wichtig zu verstehen, wenn wir dem Wert Erfolg also eine neue Bedeutung beimessen wollen.
Dem Wert Erfolg eine neue Bedeutung geben
Der Vergleich „höher, schneller, weiter“ findet vor allem im Außen, mit anderen statt.
Für mich und mein Leben 2.0 steht fest, ich möchte mich selbst weniger mit anderen im Außen vergleichen, sondern bei mir selbst bleiben. Das erscheint mir im Nachhinein betrachtet gesünder. 😬✌🏻
Selbstverwirklichung
Solange ich mich zurückerinnern kann, schlagen in meiner Brust zwei sehr gegensätzliche, aber gleich starke Herzen.
Zum einen verstehe mich selbst als Coach, als Trainerin und Beraterin, also als jemand, der andere befähigt, selbst zu glänzen.
Zum anderen steckt in mir auch eine Künstlerin, die selbst glänzen will, sich unheimlich wohl vor der Kamera fühlt und gerne das Publikum auf der Bühne begeistert.
Gleiches gilt bei Extra- und Introversion. Auf der Bühne und im Business bin ich extraversiert. Im Sozial- und Privatleben eher introvertiert.
Kopf und Intuition rangen in mir seit jeher um die Vorherrschaft. Das tun sie auch jetzt gerade, während ich den Brustkrebs bekämpfe und über meine Zukunft nachdenke.
(Alleine schon während ich diesen Text schreibe, überlege ich: Schreibe ich den Artikel eigentlich für dich oder für mich? Ist das kreative Arbeit oder will ich dich eigentlich gerade coachen auch mal deine Werte zu hinterfragen? 😉)
Worauf ich hinaus möchte?
Mein persönlicher Erfolg, in meinem neuen Leben, darf sein, den beiden Herzen in meiner Brust zu folgen.
In den letzten Jahren war ich ausschließlich Coach, Trainerin und Beraterin für andere. Und mir ist bewusst geworden:
Das alleine möchte ich nicht mehr sein.
Es darf nicht, sondern muss wieder mehr „selbst glänzen“ in meinem Leben geben dürfen. Ich möchte wieder mehr Kreativität, häufiger auf die Bühne oder vor die Kamera. Und vor allem möchte ich mich selbst dazu befähigen wieder mehr zu glänzen, nicht nur alle anderen.
Klingt irgendwie nach einem Spagat?
Fühlt sich auch so an. 😉
Wenn ich dem Wert Erfolg eine neue Bedeutung geben möchte, dann vielleicht so:
Erfolg bleibt, für mich persönlich noch beruflich verankert. Vermutlich auch, weil mein Business eben schon eine Form der Selbstverwirklichung für mich ist. Ich bleibe selbstständig. Etwas anderes kommt für mich nicht infrage und dennoch muss sich meine Arbeit innerhalb meiner Selbstständigkeit wandeln.
Ich möchte authentischer mit mir selbst sein und beide meiner Leidenschaften ausleben.
Es geht darum, mir selbst treu zu sein und Freude an der eigenen Arbeit und dem Leben zu finden, anstatt nur externen Erwartungen oder einem vermeintlichen Wettbewerb gerecht zu werden.
Sinnhaftes Handeln
Hiermit möchte ich den Gedanken anstoßen, nicht bloß einem monetären Ziel zu folgen, sondern mit dem eigenen Handeln auch einen positiven Beitrag zur Gesellschaft zu leisten.
Als ich die Diagnose Brustkrebs bekam, war ich verzweifelt und völlig überfordert mit der Situation.
Das eigene Umfeld, Freunde, Familie und Partnerschaften können dieses Loch, in das man urplötzlich gezogen wird, nicht auffangen.
Wie froh war ich bitte, dass es gemeinnützige Organisationen gab, die mich bereitwillig, ohne Gegenleistung unterstützt haben.
Die Gemeinschaft hinter dem Brustkrebs ist engagiert und unheimlich wertschätzend.
Bereits im Krankenhaus am Tag der Port Operation wurde mir bereits von der Schwester ein selbstgenähtes Herz-Kissen geschenkt. Diese Kissen nähen Betroffene für Betroffene und in einer solch schweren Zeit ein absoluter und herzlicher Lichtblick, an dem man sich, im wahrsten Sinne des Wortes festhalten kann.
Das ist für mich sinnhaft.
Nun, nähen kann ich nicht. Aber ich kann andere Skills einsetzen und zum Glück darf ich das auch schon machen, beim Buusenkollektiv.
Mein Fazit:
Erfolg darf über eine rein materielle Belohnungen hinausgehen und stattdessen dem Wert der eigenen Tätigkeit eine sinnhafte Bedeutung beimessen.
Darüber hinaus bedeutet erfolgreich sein eine authentische Auslebung der persönlichen Leidenschaften, Kreativität und aus einer intrinsischen und nicht externen Motivation heraus zu handeln.
Welche Bedeutung gibst du dem Wert „Erfolg“ in deinem Leben?
Sarah