Jede achte Frau ist in ihrem Leben einmal von Brustkrebs betroffen. Dabei nimmt diese tückische Erkrankung keine Rücksicht auf Alter oder Lebensphase der Betroffenen.
Alle Brustkrebspatientinnen teilen die gleiche Diagnose, doch der emotionale Umgang mit Brustkrebs unterscheidet sich.
Frauen, die mit 30 an Brustkrebs erkranken, sehen sich mit ganz anderen Herausforderungen und plötzlichen Entscheidungen konfrontiert, als Frauen, die mit 60 diese schreckliche Diagnose erhalten.
Kinderwunsch und Familienplanung
Die Diagnose Brustkrebs ist eine Herausforderung. Nicht nur den Krebs zu besiegen, sondern auch in kürzester Zeit lebensverändernde Entscheidungen zu treffen.
Kommt die Diagnose vor 45 und ist der Kinderwunsch noch nicht erfüllt, so müssen sich Frauen entscheiden zwischen einem schnellen Therapiebeginn und dem Einfrieren von Eizellen.
Zwischen unendlichen Voruntersuchungen und all dem Chaos, was dann über dir zusammenbricht, ist das wohl eine der heftigsten Entscheidungen, die du treffen musst, bevor du mit einer Chemotherapie beginnst.
Was ist in diesem Moment wichtiger?
Die Möglichkeit zu haben eigene Kinder zu bekommen oder beispielsweise einer Metastasierung zuvorzukommen und mit einem Vollsprint die Therapie zu beginnen?
Ich persönlich habe mich für den schnellen Start der Chemotherapie entschieden und keine Eizellen einfrieren lassen.
Das Risiko war mir einfach zu groß. Die Entscheidung fiel mir nicht schwer, aber die Konsequenz ist heftig. Zu wissen, dass ich aller Wahrscheinlichkeit nach in diesem Leben nicht mehr schwanger werden kann, ist schmerzhaft. 😕
Partnerschaft und Beziehung
Brustkrebs beeinflusst die Dynamik jeder Beziehung, egal ob in einer Partnerschaft oder familiären bzw. freundschaftlichen Beziehungen.
Am Anfang herrscht Schock, Angst, Kontrollverlust, Überforderung und Hilflosigkeit auf beiden Seiten, sowohl bei den betroffenen Frauen, als auch bei den Angehörigen.
Hier hilft nur eine offene Kommunikation und die gegenseitige Erlaubnis, dass es okay ist, sich hilflos und überwältigt zu fühlen.
Plötzlich wird aus der Partnerin eine Patientin, die Hilfe braucht, aber nicht zur Last fallen will. Junge Mütter sehen sich mit der Tatsache konfrontiert, ihre Kinder nicht mehr wie zuvor betreuen zu können.
Beides bringt viel Scham mit sich.
Und wie gehen alleinstehende Frauen mit ihrer Erkrankung und Therapie um?
Wenn die Partnersuche noch gar nicht abgeschlossen ist, kann Dating während der Therapie überhaupt funktionieren?
Eine große Angst vieler von Brustkrebs betroffener Frauen ist auf Ablehnung zu stoßen. Die körperlichen Veränderungen während einer Chemotherapie sind enorm, angefangen beim Haarverlust, der für viele Frauen ein Verlust ihrer eigenen Identität und Weiblichkeit darstellt.
Auch dieses Gefühl, die eigene Weiblichkeit aufgrund einer Therapie oder Operation zu verlieren, kann zusätzlich Intimität schwierig machen.
Beruf und Karriere
Die Diagnose Brustkrebs bedeutet für viele Frauen erst einmal eine Karrierepause oder einen Spagat zwischen Therapie und Beruf.
Wie viel Arbeit ist während einer Krebstherapie möglich? Ist physische Arbeit überhaupt noch möglich? Ist die Arbeit mit Menschen mit einem geschwächten Immunsystem realisierbar? Oder können komplexe kognitive Aufgaben in der gewohnten Qualität erledigt werden?
Was bedeutet die Einschränkung für die weitere berufliche Zukunft? Wann und wie ist ein Wiedereinstieg möglich?
Trifft die Diagnose Brustkrebs Frauen um die 60, stellt sich vielleicht eher die Frage, ob sie nach der Therapie überhaupt noch in den Job zurückkehren wollen oder sich nicht lieber stattdessen eine frühere Rente gönnen.
Sollen Kollegen oder Kunden von der Erkrankung wissen? Werden Sie es sehen? Sollen sie es sehen? Entstehen durch eine offene Kommunikation berufliche Nachteile?
Vielleicht ändert sich der Fokus oder es entsteht ein Wunsch sich beruflich endlich doch noch zu verwirklichen.
Egal in welchem Alter Brustkrebs zuschlägt, er macht etwas mit der persönlichen Perspektive auf das Thema Arbeit.
Selbstwahrnehmung und Körperbild
Es ist kein Geheimnis, eine Brustkrebstherapie verändert die Betroffenen, im Inneren und Äußeren.
Egal um welche Art von Brustkrebs es sich handelt und wie er behandelt werden muss, es entstehen Narben.
Hinzukommen immense Nebenwirkungen, die den Körper schwächen und auch Langzeitfolgen bedeuten können.
Vor allem eine Chemotherapie macht vielen Frauen Angst.
„Es sind nur Haare.“
Ja, aber wir hängen an unseren Haaren. Wir definieren uns darüber, drücken damit unsere Schönheit und Weiblichkeit aus.
Natürlich wissen wir, dass der vorübergehende Verlust der Haare ein kleiner Preis für das eigene Überleben ist und dennoch tut es innerlich weh.
Ist eine Chemotherapie unumgänglich und somit der Haarverlust wahrscheinlich, fragen sich viele betroffene Frauen: „Wer bin ich ohne meine Haare?“
(Ich kann aus eigener Erfahrung sagen, der Haarverlust ist sehr schmerzhaft. Ich habe viele Tränen geweint, aber nach 2-3 Wochen war mir innerlich auch schnell klar, dass ich nicht meine Haare bin. Es wird besser, versprochen!✌🏻)
Doch was ist mit Narben oder gar Mastektomien?
Körperliche Veränderungen, die dauerhaft bleiben oder nur durch weitere Eingriffe korrigiert werden können, sind ebenfalls für viele Betroffene Realität.
„Bin ich dann noch attraktiv? Bin ich noch eine Frau, wenn ich meine Brüste verliere?“
Die weibliche Brust wird in unserer Gesellschaft leider stark sexualisiert und mit Weiblichkeit verknüpft. Zu lernen, dass eine Frau auch immer noch eine Frau ist, egal, ob sie kleine, große oder keine Brüste hat, steht Brustkrebspatientinnen ebenfalls bevor.
Stigmatisierung und gesellschaftlicher Druck
Man will es vielleicht nicht sofort glauben, doch auch Brustkrebsbetroffene stehen unter einem gesellschaftlichen Druck, die ihnen nach der Diagnose von allen Seiten entgegengeschleudert wird.
Die Erwartungshaltung an den emotionalen Umgang mit Brustkrebs an jüngere Frauen ist ganz klar „Du musst kämpfen!“.
Von allen Seiten wird erwartet, stark, kämpferisch und optimistisch zu sein. Die eigenen Ängste und die maßlose Überforderung finden dabei wenig Gehör.
Anders verhält es sich bei älteren Frauen, denn Brustkrebs im Alter ist doch „normal“.
Auch hier werden Ängste und Überforderung der Betroffenen oftmals nicht gesehen und schnell übergangen.
Brustkrebs im Alter findet weniger Beachtung, ist für die Betroffenen jedoch nicht weniger schlimm.
Fazit
Brustkrebs ist mehr als nur eine körperliche Erkrankung – er beeinflusst jede Facette des Lebens der Betroffenen.
Egal ob jung oder älter, die Diagnose verändert nicht nur die Perspektive auf Gesundheit, sondern auch auf Partnerschaften, Familie, Beruf und das eigene Selbstbild.
Jede Frau erlebt ihre persönliche Reise, geprägt von schwierigen Entscheidungen, emotionalen Herausforderungen und gesellschaftlichen Erwartungen.
Doch auch wenn die Narben – äußerlich wie innerlich – bleiben, zeigt sich immer wieder, wie stark Frauen inmitten dieser Belastung sein können. 💪
Am Ende bleibt die Hoffnung, dass der Umgang mit Brustkrebs offener, unterstützender und frei von Stigmata wird – damit jede Frau in ihrer individuellen Situation gestärkt und der emotionale Umgang mit Brustkrebs leichter wird.
Sarah