Chemo-Halbzeit und das mentale Tief

Chemo-Halbzeit und das mentale Tief

Ich zähle Woche 12 meiner Chemotherapie. Insgesamt sind 24 Wochen angesetzt. Das bedeutet, wir „feiern“ die Halbzeit der Therapie. 🥳

Leider ist mir gerade nicht so recht nach Feiern zumute, denn mental habe ich gerade wirklich zu kämpfen. 

Aber lass uns vorne anfangen … 

Du weißt, was kommt

Nach der zweiten Chemotherapie bekommt man ein Gefühl dafür, wie der Körper reagieren wird, welche Nebenwirkungen auftreten werden und wann sich ein Gefühl der Erholung einstellt. 

Vielleicht kann man das eine eigene „Chemo-Routine“ nennen. Irgendwie gibt sie Sicherheit, du weißt, was kommt, aber sie zeigt dir auch ganz klar auf: 

Du wirst dich wieder Scheiße fühlen!

 

 

Du kennst das vermutlich auch, dieser kleine Kampf durch eine Krankheit: 

    1. Du fühlst dich elend, willst nicht aus dem Bett aufstehen. Es ist dir egal, was um dich herum passiert, du möchtest an nichts teilnehmen. Du willst einfach nur, dass es vorbei ist und bis dahin schläfst du komplett durch. (Duschen wird in dieser Zeit auch völlig überbewertet 🤢)
    2. Du fühlst den Lebensgeist langsam in dir zurückkehren. Das Leben verlagert sich vom Bett zum Sofa. Du duschst dir den Ekel der letzten Tage ab, ziehst deine Jogginghose an und verbringst den Tag mit Netflix. 
    3. Dich nervt Netflix, dich nervt rumgammeln, dich nervt die Jogginghose. Du sehnst dich nach Normalität, rausgehen, gutem Essen, merkst aber vielleicht noch… ich schone mich lieber noch ein wenig.  
    4. Du hast dich zurück in die Normalität gekämpft und bist wieder fit, gut gelaunt und kannst tun und lassen, was dich glücklich macht (Hauptsache du wirst nicht wieder krank). 
 
Nun stell dir vor, du bist gerade wieder eine Woche fit und dann ZACK! Geht es gleich wieder von vorne los. Das volle Programm natürlich. 


Und wenn du jetzt wissen willst, wie sich eine Chemo anfühlt, dann stell dir einfach nur vor:
Nachdem du das zweite Mal diesen Zyklus durchlebt hast, startet er einfach wieder von vorne … immer und immer wieder … 
(Und wenn du irgendwann alles auf Netflix, Amazon & Co. gesehen hast, dann starrst du halt die Decke an 😵‍💫)
 
P.s. Falls du Serientipps oder alternative Beschäftigungsmöglichkeiten kennst, schreib sie mir gerne unten in die Kommentare

 

Mentale Herausforderung

Du kannst dir sicherlich jetzt gut vorstellen, wie herausfordernd sich dieser sich immer wiederholender Krankheits-Zyklus anfühlt. 

Sonntag fühle ich mich noch gut, bin in all meiner Kraft, lache mit meinen Freunden und Dienstagabend nach der Chemo liege ich wieder flach. 

Das Wissen darüber macht es nicht leichter. Und genau das macht mir das Gemüt schwer.

Jeder Chemo-Coacktail ist wie ein eigener kleiner Kampf zurück ins Leben, immer wieder. 

Der Körper kämpft, aber auch die Psyche. Die kommt nämlich mit dem Verarbeiten dieses Prozesses kaum hinterher. Es gibt keine wirkliche Erholung zwischendurch. 

Mir fällt es sehr schwer, dieses innere Gefühl in Worte zu fassen. Ich bin traurig und fühle mich ausgeliefert. 

Nach wie vor, merke ich den Krebs in mir natürlich nicht. Ich fühle mich nicht generell krank. Ich fühle mich nur krank, wenn ich die Nebenwirkungen der Chemotherapie auskuriere. 

Mental ist mir natürlich bewusst, dass mich die Chemotherapie gesund macht, mir hilft zu überleben und ein hoffentlich noch sehr langes, schönes Leben zu führen. Aber ich fühle das nicht. 

Die Transferleistung kommt quasi nicht an. 

Leben 2.0.

Auf fernsehen habe ich wirklich keine Lust mehr. Zum Glück konnte ich nach der letzten Chemotherapie häkeln und ein bisschen Playstation spielen. 

(Fun Fact: PlayStation spielen geht, im Storymodus, denn meine Reaktionsgeschwindigkeit ist quasi nicht existent, sodass ich ständig nur sterbe 🤣)

Aber was machst du mit dem Rest der Zeit? 

Im Moment denke ich über das nach, was nach meiner Krebstherapie auf mich wartet, mein Leben 2.0.. 

Dazu schreibe ich besser mal einen eigenen Artikel, in aller Kürzer möchte ich dir dazu jetzt nur sagen: 

Eine Krebsdiagnose hat viele Schattenseiten, aber sie bietet dir auch die Möglichkeit dich selbst zu hinterfragen. Die Entscheidungen, die du in deinem Leben getroffen hast, deine Werte, das wonach du strebst im Leben, vielleicht sogar, wie du Leben möchtest. 

So eine Lebenskrise, in der ich mich derzeit durchaus befinde, bietet auch Potenzial. Im vergangenen Artikel „Zurück in die 1. Reihe“ hatte ich bereits angedeutet, dass es für mich zukünftig einen anderen Weg geben wird. 

Kein People Pleasing mehr, nicht in das Potenzial der anderen investieren, sondern in mein eigenes. 

Der Gedanke an diese Zukunft, so schwammig und fern sie sich gerade noch anfühlen mag, beflügelt mich. Vielleicht ist das sogar ein kleines Pendant zu dem mentalen Tief, durch dieses immer wieder krank-sein-Gefühl.

Nicht umsonst sagen so viele Leute, dass sie gestärkt aus einer Lebenskrise hervorgehen. Einen so allumfassenden Blick, quasi wie mit einer Weitwinkellinse, bekommst du nur, wenn du wirklich völlig herausgerissen wurdest. 

Ein Urlaub, ein paar Wochen Auszeit, reichen dafür nicht. Da muss wirklich einfach mal alles brach liegen, um sich selbst diesen Weitwinkel überhaupt zu erlauben. 

Therapiestand

Natürlich gab es noch eine onkologische Untersuchung meines Tumors. Alle 5 Wochen steht diese Untersuchung via Ultraschall an. 

Nachdem die erste Untersuchung so extrem positiv, mit einer 55% Verkleinerung des Tumors bestimmt wurde, war die letzte Untersuchung eher ernüchternd. 

Von 2,9cm auf 2,6cm ist Arsch Arsch geschrumpft. Ehrlicherweise hatte ich mir sowas schon gedacht. Arsch Arsch kämpft gegen die Chemo. Das fühle ich.

Er fühlt sich mittlerweile anders an, irgendwie härter und kantiger. Ich fasse ihn auch gar nicht mehr gerne an. Das war vor ein paar Wochen noch anders, als er irgendwie… runder und noch weicher war. 

Meine Ärztin sagt, es sei normal. Ein Tumor sei nicht, wie ein Eiswürfel, der im Sonnenlicht gleichmäßig schmilzt. 

Ein Tumor verändert sich nicht homogen unter einer Chemotherapie. 

Was wir auf dem Ultraschall jedoch gesehen haben (also eher sie, für mich sieht das alles ja gleich aus ^^) ist, dass der Tumor in sich poröser wird. Er ist wohl nicht mehr so kompakt und dicht, bzw. löst sich von innen auch auf. 

Das bewerten wir also weiterhin als positiv. In 1,5 Wochen startet dann der zweite Teil meiner Chemotherapie. Dann bekomme ich 12 Wochen lang, jede Woche eine Dosis Pacli und Carbo und jede dritte Woche weiterhin die Immuntherapie. 

Die Angst vor den mir noch nicht bekannten Medikamenten ist eindeutig wieder da. 

Bitte drück mir die Daumen, dass mich diese wöchentlichen Chemos nicht so sehr umhauen, wie die letzten EC Gaben. 

Sarah

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Kreative Wortjongleurin, Podcasterin, Bloggerin, Brustkrebskämpferin und Möchtegern-Barista

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“Gesucht wird eine Brustkrebspatientin, die frisch diagnostiziert ist, deren Tumor

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